Ziegenmilch enthält viel wertvolles Protein (durchschnittlich 3,1 bis 3,4 Prozent), das aber anders zusammengesetzt ist als das Protein der Kuhmilch. Das für die Käseherstellung wichtige αs1-Kasein kommt in erheblich geringerem Maße vor. Der Anteil der jeweiligen Kaseinfraktionen ist genetisch festgelegt und lässt sich kaum durch die Fütterung beeinflussen.
Ziegenmilchprotein unterscheidet sich von Kuhmilchprotein im Gehalt an Aminosäuren deutlich. Es enthält mehr essenzielle Aminosäuren als Kuhmilch. Mit essenziellen Aminosäuren sind jene gemeint, die der menschliche Körper nicht selber produzieren kann und unbedingt über die Nahrung zu sich nehmen muss. Sechs der zehn essenziellen Aminosäuren kommen in Ziegenmilch häufiger vor als in Kuhmilch: Threonin, Isoleucin, Lysin, Cystin, Tyrosin und Valin.
Zur Zusammensetzung und Verdauung von Milchproteinen aus Ziegenmilch hat das AgResearch Ruakura Research Center in Neuseeland in Zusammenarbeit mit der Massey University eine Studie durchgeführt.
Die Ergebnisse im Überblick
Die Ergebnisse dieser Arbeit wurden auf dem 11. Pädiatrischen Kongress Asiens in Bangkok (November 2003) vorgestellt. [1]
Die Ziele dieser Studie waren:
Die Studie zeigt bedeutende Unterschiede zwischen den Proteinen von Ziegen- und Kuhmilch. Sie belegt deutlich die unterschiedliche Verdauung von Ziegenmilch im Vergleich zur Kuhmilch und liefert so eine mögliche Erklärung dafür, dass Ziegenmilchsäuglingsnahrung weniger allergische Reaktionen hervorruft.
Die Arbeit schließt an frühere Untersuchungen von Bevilacqua u.a. im Jahr 2001 [2] an, die vermuteten, dass der geringe Anteil von αs1-Kasein einiger Arten von Ziegenmilch die Verdauung der Milchproteine erleichtert.
Die Proteine der Muttermilch sowie neuseeländischen Ziegenmilch- und Kuhmilchpulvers wurden durch SDS-PAGE-Analyse verglichen und die jeweilige Kaseinmenge durch Densitometrie festgestellt.
Ziegenmilch und Kuhmilch unterscheiden sich hauptsächlich durch ihre Kaseinprofile, wobei die Ziegenmilch durch ihren Mangel an αs1-Kasein und einen höheren Anteil an β-Kasein der Muttermilch ähnlicher ist als Kuhmilch.
Das αs1-Kasein der Ziegenmilch stellt nur 5% des gesamten enthaltenen Kaseins, bei der Kuhmilch beträgt dieser Anteil mehr als 20%.
Allerdings produzieren nicht alle Ziegen weltweit Milch mit einem solch geringen αs1-Kasein-Gehalt, wie es die Ziegen Neuseelands tun. Neuseeländische Ziegenmilch enthält nur ca. 1 g pro Liter, Kuhmilch hingegen 7 g pro Liter.
Die Proteine des Kaseins bestimmen, wie die Milch gerinnt. Durch den geringen Anteil von αs1-Kasein ist geronnene Ziegenmilch weicher.
In der Studie wurden eine Säuglingsnahrung auf Ziegenmilchbasis und eine mit Molke angereicherte Kuhmilch-Säuglingsnahrung verwendet. Die meisten Kuhmilch-Säuglingsnahrungen sind mit Molke angereichert, um das Verhältnis von Kasein zu Molkeprotein dem der Muttermilch anzugleichen.
In-Vitro-Verdauung
Die Proteine wurden durch Zugabe von Pepsin aufgespalten. Nach 60 Minuten waren alle Kaseine verdaut, nur einige β-Laktoglobuline blieben intakt, wobei deren Anteil in der Kuhmilchsäuglingsnahrung mit 50% eindeutig höher war als in der Ziegenmilchsäuglingsnahrung.
In-Vivo-Verdauung
Im Versuch erhielten Ferkel, deren Verdauungsprozesse mit denen von drei Monate alten Säuglingen vergleichbar sind, Säuglingsnahrung auf Ziegenmilch- bzw. Kuhmilchbasis.
Nach Elektrophorese per SDS-PAGE wurde die Dichte des im Dünndarm (Jejunum) verbliebene intakte Milchprotein gemessen.
Ferkel, die mit Kuhmilchsäuglingsnahrung gefüttert wurden, wiesen im Dünndarm bis zu dreimal mehr intaktes β-Laktoglobulin auf als Ferkel, die ausschließlich Ziegenmilchnahrung erhalten hatten.
Schlußfolgerung
β-Laktoglobulin ist das verdauungsresistenteste Milchprotein. Diese Studie konnte belegen, dass aus der Ziegenmilch mehr β-Laktoglobulin verdaut wurde als aus der Kuhmilch.
Dies ist möglicherweise eine Erklärung für die hypoallergenen Eigenschaften von Ziegenmilch.
[1] Prosser C., et al (2003). Digestion of milk proteins from cow or goat milk infant formula. Abstract and poster paper presented at the 11th Asian Congress of Paediatrics, Bangkok, 2-7 November 2003
[2] Bevilacqua C., et al (2001). Goats‘ milk of defective alpha(s1)-casein genotype decreases intestinal and systemic sensitization to beta-lactoglobulin in guinea pigs. Journal of Dairy Research, 68(2):217-227
Die Ziege begleitet den Menschen seit tausenden von Jahren und ist ihm ein wertvoller Milchlieferant. Grund genug, einen Fokus auf die Ziege und ihre Milch zu legen.
Hier finden Menschen mit Kuhmilchunverträglichkeit, Eltern mit kleinen und großen Kindern sowie Fachleute aus Medizin und Ernährung umfangreiche Informationen zur Ernährung mit Ziegenmilch.